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29. März 2020 – Homeschooling oder die Rache der PädagogInnen – Corona-Tagebuch einer Ultimatemom

Liebes Corona-Tagebuch…
verzeih die etwas längere Absenz, aber mit dem Homeschooling ging es etwas drunter und drüber. Hier der passende Meme zu meinem heutrigen Eintrag. Spaß beiseite, Homeschooling als Rache der PädagogInnen zu betrachten geht zu weit. Dennoch befinden wir uns in einer noch nie dagewesenen Situation. Der Vergleich mit – „Früher“ wurden die Kinder ja zum Teil auch zu Hause unterrichtet – hinkt meiner Meinung nach etwas.
So gab es früher den großen Familienverbund der weit mehr als Mutter und Vater umfasste, von den viel zu vielen unfreiwilligen Alleinerziehenden heutzutage noch gar nicht zu sprechen. Ein afrikanisches Sprichwort besagt: „…um ein Kind großzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf.“, da steckt viel Wahrheit drin. In der jetzigen Situation haben wir nicht nur keine Großeltern oder sonstige älteren Personen im Familienverbund, die uns vielleicht helfen könnten, sondern auch noch zusätzlich Homeoffice. Von dem einmal ganz abgesehen, dass es dann – wie bei uns – auch noch zwei unterschiedliche Schulen zu unterrichten gilt (erste Volksschule/ erste Gymnasium).

Die Weisung vom Bildungsminister, nach der für die betreuungspflichtigen Kinder nur eine Wiederholung des gelernten zu erfolgen hätte, kann zum Teil wohl ins Reich der unerfüllten Wünsche gesendet werden. Den Höhepunkt erreichen dann Arbeitsaufträge, die ihre überbordende Länge mit den kommenden Osterferien rechtfertigen. Die ZDF-Sendung „Extra 3“ bringt das in einem Beitrag auf den Punkt (ab der Minute 1:28). Beim Unterrichtsstoff der Jüngsten ist überhaupt der Eindruck entstanden, als hätte die Lehrerin einfach den Kopierer angeworfen und den ohnehin für die nächsten drei Wochen geplanten Schulstoff an die Eltern verteilt.

Zu Hause und doch in der Schule und im Büro
Jetzt sieht unsere Wohnung grundsätzlich einmal nicht aus wie eine Schule, im Gegenteil, im Moment sieht sie aus als ob wir nach einem Wohnungsbrand in einer Ersatzwohnung umgezogen wären und schnell alles irgendwo hin gestellt hätten 😉. Man, bin ich froh beim Einrichten auf einen großen Tisch bestanden zu haben an dem bis zu zwölf Personen sitzen können. Der Tisch dient jetzt als überdimensionaler Bürotisch dazu, dass links ein Kind mit allen Sachen, rechts ein Kind mit allen Sachen, sowie ich in der Mitte mit meinem Homeoffice, Platz finden. Nebenbei braucht es ebenso noch eine umfassende elektronische Infrastruktur welche Videochat, beidseitigen Druck von etlichen Arbeitsblättern, das Einscannen von DIN A3 (ausgefüllte Schulbücher im Querformat), Nutzung von E-Books und die Videodokumentation von gebasteltem (für technisches Werken) ermöglichen.

Vieles davon erfolgt einheitlich uneinheitlich über zig verschiedene Kanäle je nach Präferenz der jeweiligen LehrerInnen. Wie Niki Glattauer heute am 29. März 2020 in einem Interview in der Kleinen Zeitung treffend festgehalten hat, braucht es technikaffine Eltern, ohne die, und das ist wohl die Mehrheit, geht die Bildungsschere weiter auf. Die Welle der Digitalisierung gelangt also in unsere Wohnzimmer.

Unter den jetzigen Umständen kann zu Hause Unterrichten nicht mit dem in der Schule gleichgestellt werden, spätestens nach der zweiten Corona-Woche sollte das jedem klar sein. Auch die LehrerInnen bei der älteren Tochter im Gymnasium haben das erkannt und die wöchentlich geforderte Stoffmenge bereits positiv angepasst sowie das Lernmaterial auf universell zugängliche digitale Medien erweitert.

An dieser Stelle eine großes Dankeschön von mir an alle super engagierten PädagogInnen, die zum Teil noch am Sonntag um 23:47 Uhr die liebevoll und interessant zusammengestellten Aufgaben in einem persönlichem Mail, unterlegt mit passenden YouTube Videos zur Motivation, versenden. Ich werde sie in meine tägliche Meditation einschließen ;-).

Bis bald,
Ralf

Weitere Tagebucheinträge:
14.März – Eigentlich wollte ich ja nur Homeoffice machen…
16. März – Ich wurde für die Bewältigung von Krisen ausgebildet
18. März – Was is heut fürn Tag?
31. März – Ich will nicht raus! Die Spielplätz sind alle zu
2. April – Wenn der Papa die Nähmaschine anwirft
7. April – Unsere Kinder werden diese Zeit nie vergessen

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Beitragsbild:
Gerd Altmann,  Lizenz CC BY 4.0

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Ralf

Der Meditations-Dad
Ralf ruht in seiner (spirituellen) Mitte - jedenfalls mehr als alle anderen Moms und jedenfalls nur so lange, bis er auf den nächsten Wahnsinn drauf kommt, den die Gesellschaft unseren Kids antut. Dann ist es nämlich vorbei mit dem inneren und äußeren Frieden.

2 Comments

Rüdiger

2020-04-08 11:24:48 Antworten

Ganz feinfühliger und aufrichtiger Blog. Danke für das Teilen!

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