Ich fühle mich wieder wie eine Jugendliche – ich bin endlich wieder verliebt, sagte mir eine Frau, die ich zwar schon seit Jahren aber nur ausgesprochen oberflächlich kenne.
Dienstag 10.00 Uhr in einem Wiener Café. Einen Espresso und einen Redeschwall später, inklusive nicht abzusetzendem Julia Roberts Grinser, wurde die Geschichte der jungen Liebe (nach vier Jahren Liebes-Verzicht) vor mir aufgerollt – inklusive durchsoffener und durchtanzter Nächte, wildfremder fremder Menschen in den eigenen vier Wänden und verlorener Handys. Und plötzlich wurde mir mal wieder klar, was uns Erwachsenen immer wieder abgeht.

Wir wollen alles gleichzeitig, lieben aber viel zu wenig. Wir brennen nicht mehr. Vor allem, wenn wir ganz “offiziell” erwachsen werden. Wir besorgen uns ernste Jobs, kriegen Kinder und stehen mitten im Leben. Dabei haben wir oft ein Leben, das wir uns als Jugendliche nicht gewünscht hätten.

Hier meine ich nicht irgendwelche vertanen Chancen oder, dass wir nicht Arzt, Feuerwehrman, Astronaut oder Vollzeit-Superheld geworden sind. Denn die Okkupationen, die man sich als Kind und Jugendlicher ausgemalt hat hatten effektiv nur wenig mit den erträumten Jobs an sich zu tun. Wofür die Wünsche eher bezeichnend waren sind die Ideen, die dahinter stehen. Die Idee etwas gern und oft zu machen. Die Idee frei zu sein. Die Idee anderen zu helfen. Die Idee Abenteuer zu erleben. Die Idee glücklich zu sein.

Was uns mit der Zeit immer mehr abhanden kommt ist die Liebe, ist die Hingabe, zu den richtigen Dingen. Wir hetzen den vermeintlich wichtigen Zielen und Vorstellungen unseres Lebens hinterher und vergessen das Rundherum. Wir reduzieren unser Leben auf den Job (“Und, was machst du so beruflich?”), so als ob er das einzige ist das zählt, und setzen uns mit unseren Kindern gleich, in dem Versuch ihnen das bestmögliche Leben zu erkaufen zu geben.

Jeder von uns hat nur 24 Stunden pro Tag zur Verfügung. Ausnahmslos alle, die irgendwann Eltern werden merken das sehr schnell. Privatleben, Familie, Beziehung und Beruf zanken sich plötzlich um die Zeit, die man ihnen zur Verfügung stellt – wie kleine Mädchen um die Lieblingspuppe. Irgendwann, wenn alle Argumente und Verhandlungen nichts mehr helfen, kommt es zum Kratzen, Beißen und zu Tränen.

Es ist eine große Lüge, dass alles gleichzeitig geht, nur so lange wir es wollen und es uns richtig einteilen. Das funktioniert nicht. Hat es nie und wird es nie, solange wir in unserem bestehenden System bleiben und gleichzeitig nur Variablen ändern.

Wenn Kinder, Familie, Beruf und Privatleben irgendwann im Einklang sein sollen, dann müssen wir in unseren Leben radikalere Veränderungen herbeiführen. Wir müssen uns hineinstürzen, wie Frischverliebte, und neues Terrain betreten. Nur dann haben wir eine Chance nicht nur so durchs Leben zu kommen sondern dieses Leben auch tatsächlich zu leben.
Wir brauchen mehr Liebe zu den richtigen Dingen. Nur dann können wir leben. Und davon erzählen, wie frisch Verliebte um 10 Uhr an einem Dienstag Vormittag.

Bild Copyright: Marko Zlousic, aus der Serie #metropeople

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Marko

Gründervater bei ultimatemoms.at

Marko Zlousic ist der Gründer von ultimatemoms.at und nicht mehr ganz so frisch gebackener Vater der kleinen Klara. Er lebt und arbeitet in seiner zweiten Heimat Wien und versucht in seiner neuesten Rolle alles richtig zu machen…

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