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Über das Sterben und den Tod reden

„Welcher Gott?“, fragte meine Viereinhalbjährige, als eine gleichaltrige Freundin mit ihrer Mutter das Thema anschnitt. Es folgte ein Moment betretener Stille.

Natürlich spreche ich mit meiner Tochter über Götter und Religionen, ohne ihr aber einen Glauben zu vermitteln. Das Bibelstudium sehe ich im Sinne der Allgemeinbildung als nötig. Die zentrale Bedeutung von Religiosität erfahre ich selbst erst, seitdem ich Papa bin: Es ist eine bequeme Möglichkeit, sich nicht tiefergehend mit dem Tod und dem Sterben auseinandersetzen zu müssen; eine praktische Ausrede um dem Kind nicht sagen zu müssen: „Ich weiß es nicht.“

Spätestens dann nämlich, wenn das erste Haustier stirbt, kommt die Frage, wo er/sie jetzt sei. Die religiös untermauerte (sic!) Antwort lautet ungefähr: „…im Himmel, beim lieben Gott, über den Wolken…“ Diese Variation spiele ich unter der Prämisse, dass es sich um eine Geschichte handelt, mit der Menschen erklären wollen, was sie nicht verstehen. Wenn diese Erklärung wegfällt, kommt man jedoch nicht umhin, mit seinem Kind über den Tod und damit das Sterben reden zu müssen.

Ich sehe das als Chance, einen „unverdorbenen“ Menschen auf die Herausforderungen des Lebens vorzubereiten und ihm (vielleicht) jene Ängste zu ersparen, die viele von uns Zeit ihres Lebens einfach verdrängen.

Mit einem Kind über das Sterben zu reden ist eine Herausforderung und zugleich die Chance, sich selbst zu prüfen und unbequeme Möglichkeiten zu reflektieren. Mal ganz abgesehen von den oft verblüffend weitsichtigen Rückmeldungen des Nachwuchses. Am Ende bleibt die Frage nach dem „danach“ und die Einsicht, doch nur mit „Ich weiß es nicht“ antworten zu können. Ein Geständnis, das man getrost als Gegenteil von Schwäche betrachten darf.

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(mad)

Bernhard Madlener, Jahrgang 1979, wurde kurz vor seinem 28. Geburtstag durch die Vaterschaft geadelt. Geboren im Ländle, seit 2004 freiwillig eingebürgerter Wiener mit Hang zum Meidlinger Dialekt. Mehr über (mad) gibt's hier.

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