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Wie Kinder aufs Fernsehen verzichten. Oder auch nicht.

Ich geb es zu, ich bin eine Ultimatemom, die Kind auch mal fernsehen lässt. Mit dem Sandmännchen fing es an und jetzt gesellen sich Waisenkind Heidi, die neunmalkluge Biene Maja, die Club-of-Rome-Family Barbapapa und das Raubein wieder Willen Wickie dazu. Mit elterlichem Begleitschutz, versteht sich. Dazu gibt es einen Mix aus Pixie-Büchern und Hörspiel-CDs. Kind kann Gesehenes damit vielleicht besser verarbeiten. Was Kind weniger gut kann, ist, den Ausknopf der TV-Fernbedienung als Freund zu akzeptieren.

Der schwierige Kompromiss

Die Verhandlung begann an diesem denkwürdigen Donnerstag schon vor  Sendungsbeginn. „In einer halben Stunde ist Wickie“ – „Gut, aber vorher die Barbapapa-DVD“ – „Das ist alles zu lang, drum schauen wir halt morgen Wickie und jetzt Barbapapa“ – „Na gut“. Was sich nach akzeptablem Kompromiss anhört, ging im speziellen Fall letzte Woche anders aus. Die Barbapapa-Folge war aus, und Wickie wartete auf KiKa. Was sagt das Kind? Richtig: „Jetzt Wickie!“ Die Verzichtserklärung von vor 10 Minuten wurde mit höchstem stimmlichem Diskant weggewischt. Das Paket, längst unterschrieben, unter Tränen wieder aufgeschnürt, die Vereinbarung unter Geschrei für ungültig erklärt.

Die Konsequenz

Vorweg: Der Bildschirm blieb dunkel, die Tränen wichen bald guter Laune beim Abendessen.Doch der Weg dorthin war steinig, denn die Ultimatemom ist selbst der größte Wickie-Fan auf Erden. Ich kenne sogar aus Kindheitstagen die Sprecher der Figuren per Namen, Kurt „Faxe“ Zips oder Werner „Tjure“ Abrolat und natürlich den „Snorre“ von Eberhard Storeck. Und an dem bewussten Abend war noch dazu die letzte Folge auf dem Programm samt Auflösung, wie die Wikinger gegen den Schwedenkönig zu Felde zogen (selbst Schweden zwar, aber was soll’s). Gewarnt durch den Vorabend, an dem das Kind schon ankündigte, unbedingt diese Entscheidung sehen zu wollen, machte ich mehrmals darauf aufmerksam: „Du versäumst die Folge, wenn wir Barbapapa schauen“ – „Gut“ – „Es ist die letzte, morgen ist kein Wickie mehr“ – „Gut“. Wie gesagt, diese Einsicht hielt nur zehn Minuten.

Nie mehr TV?

Nie mehr? Unsinn. Mit der Dosierung funktioniert es ja anderntags ohne weiteres, die Zuspitzung an diesem Abend war glücklicherweise die Ausnahme. Sorgfältig ausgewählte Fernsehserien und Hörspiele sind Wortschatzvervielfacher, Kind hört  – meist – Profisprecher mit sauberer Aussprache und erstaunlich richtigem Satzbau ohne zu deutlich zu „piefkeneseln“, wie es in den gespielten Jugendserien um sich greift. Die Ultimatemum wird natürlich nicht müde, Fernseher oder CD-Player als bloße Ruhigsteller zu vermeiden. Und den Ausknopf besser ins Konzept zu integrieren.

 

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9 Comments

finestdads

2012-01-24 10:02:32 Antworten

Hallo,
das Thema Fernsehen ist echt ein bisschen schwierig. Ganz verbieten will man es nicht – aber die kleinen wissen was man mit einer Fernbiedung alles machen kann :-) und schwupps ist der Fernseher samt Surround Anlage aufgedreht. . .

(mad)

2012-01-25 09:29:24 Antworten

Ich kann das alles eins zu eins nachfühlen. Naja, unsere Kleinen sind ja auch fast exakt gleich alt… Das Ende der Wikinger wurde in unserem Fall gut akzeptiert. Bin jetzt froh, dass unser Kater schon vor drei Wochen ins Haus kam – sonst würde er jetzt vielleicht nicht auf den ohnehin schon schrägen Katzennamen „Wickie“ hören (müssen), sondern auf „Yakari“ 😉

Ivy

2012-01-25 09:34:54 Antworten

Ich sehe das mit dem TV genauso wie mit Süßigkeiten: je mehr man verbietet, desto interessanter wird es. Meine hatte mit 3 eine Phase, die ca. 3 Monate anhielt, wo ich genau auch dieses Problem mit dem TV hatte. Mittlerweile ist sie fast 6 und der TV interessiert sie überhaupt nicht. Und das, obwohl sie genau weiß, dass sie jederzeit könnte, wenn sie wollte. Mit Süßigkeiten ist das bei uns im Übrigen auch so. Die liegen herum, aber keiner interessiert sich dafür.

Thomas

2012-01-29 10:39:18 Antworten

Unterschreibe die Kommentare. Zwang raus und es geht entspannter. Fernsehen soll kein Popanz sein

Oliver

2012-02-06 16:51:42 Antworten

bei uns genau so. Eine Sendung hin und wieder kommen gut an, auch mal 2 als Ausnahme. Aber dann bleibt die Glotze durchaus auch mal ein paar Tage aus, ohne dass irgend jemand was vermisst. Geschickt eingefädelt, kann auch ein Sport daraus werden, wer das Ding schneller ausgeschaltet kriegt … :-)

boomerang

2012-02-17 14:43:06 Antworten

Meine Kurze (im Mai werden 6 Kerzerl am Torterl sein) schaltet höchstpersönlich den Fernseher aus. Yakari ist aus, sie zischt mit Fernbedienung zum Fernseher und punktgenau nach den Abspann wird
ausgeschaltet. Mit 4-5 gab’s öfters mal stärkeren Protest ob des TV-Konsums, aber das pendelt sich
ein. Manchmal spielt sie in ihre Fernseh-Zeit hinein und vergisst auf Yakari und Co. Hörspiel-CDs sind
ja auch ganz nett, wenn nicht grad die Puppen krank sind und am Sofa hin und her geschlichtet werden
müssen.
Fürs Fernsehen hat sie ein Zeitfenster, in dem sie schauen kann, was sie will, nachher und vorher gibt’s
nix. Da fragt sie nicht mal. Sie kennt die Regeln. Die Ausgewachsenen kennen die Regeln. Und es funkt
prima so.

Kinder

2012-03-13 14:50:15 Antworten

jaja, das Fernsehprogramm.wer kennt das nicht?mein kleiner neffe will abends nach seinen sendungen (fragt mich nicht nach welchen genau, die wechseln zu schnell) immer weiter gucken und am liebsten auch „erwachsene“ Sendungen wie ARD-Nachrichten oder N24-Dokus anschauen.verhandeln hat dann keine Chance mehr, nurnoch die eiskalte Hand die den TV aus macht. Danach bin ich erstmal bis zum Frühstück nicht mehr der „coole Onkel“ aber was muss das muss. 😉

Robert

2012-03-22 07:46:57 Antworten

Man kann es kaum glauben, heute vor siebenundsiebzig Jahren hatte man das erste TV-Programm ausgestrahlt (22.3.1935). Zu dieser Zeit nur auf einem Sender sowie nur 2,5h täglich. Heute ist die Vielzahl der Fernseh Programme immens und die Güte zum Teil unbeschreiblich mies….

Grafikartenator

2012-04-12 10:44:02 Antworten

Ahoi, dein Artikel auf dieser Seite ist wirklich fesselnd. Für gewöhnlich lese ich nicht bis zum Schluss, jedoch war das ehrlich gesagt mal ein spannender Beitrag. Super! Bin jedoch nur durch Zufall über Google auf deine Webseite aufmerksam geworden. Zum eigentlichen Thema: gibt es hierzu in der Zwischenzeit ein Update? Habe auf deinem Blog gesucht, aber leider nichts gefunden. Schonmal vielen Dank und weiter so!

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